Borussia Dortmund hat es schön in Chicago. Nur ein paar Minuten zu Fuß sind es vom Mannschaftshotel an den gewaltigen Lake Michigan, die Profis des Fußball-Bundesligisten wohnen mitten in der Stadt – und vom Pooldeck der Unterkunft hat man einen feinen Blick auf die Skyline der Millionenstadt im Bundesstaat Illinios.
Dort hin hat Carsten Cramer, Marketing-Chef des BVB, zum Mediengespräch geladen, um die Tour des Ruhrgebiet-Klubs durch die Vereinigten Staaten zu resümieren. Der 54-Jährige ist zufrieden. „Man merkt bei solchen Reisen, dass sich etwas entwickelt hat, was mit Borussia Dortmund zu tun hat“, sagte Cramer.
Sicherlich sei der „Startpunkt für die Internationalisierung durch Wembley und die beiden Meisterschaften, die wir vorher gewonnen hatten, ideal“ gewesen. „Aber trotz der Tatsache, dass wir danach keine Meisterschaften gewonnen haben und auch in der Champions League nicht mehr für ähnliche Furore gesorgt haben, wie die, die durch das Finale 2013 ausgelöst wurde, merkt man, dass sich was entwickelt hat. Die Menge an Menschen, die uns begrüßt, wird unseres Erachtens nach größer.“
Das stimmt, doch sie muss noch weiterwachsen. Die Dortmunder sind als „einer von zwei Lokomotiven des deutschen Fußballs“ als Botschafter der Bundesliga unterwegs, die dringend ihre Auslandvermarkung ankurbeln muss. Die Premier League hat einen riesigen Vorsprung. Cramer: „Es gibt zwei Möglichkeiten: Das zu akzeptieren oder versuchen, dagegen anzugehen.“
Pflichtspiele im Ausland sollen für den BVB ein Tabu bleiben
Der BVB hat sich für zweite Variante entschieden. „Für uns alle ist das echt harte Arbeit, kein Ausflug, auf dem man ein paar Fähnchen verteilt, sondern wir verlangen dem Sport eine ganze Menge ab“, meint der Marketing-Chef. „Wir glauben, dass das für die Bundesliga extrem wichtig ist – und wir bleiben bei der Hoffnung, dass das auf Dauer nicht nur etwas ist, was Borussia Dortmund und die Kollegen aus dem Süden zu schultern haben. Das ist am Ende auch latent unfair, weil es auf die Substanz geht.“
Doch Cramer möchte betonen, dass „wir das schon aus Überzeugung“ machen. Pflichtspiele im Ausland oder der Supercup sind ein Tabu, „dabei bleiben wir“. Aber: „Ich bleibe bei der Aussage, dass man in den Märkten präsent sein muss.“ Und er hofft, dass „die Vereine, die vorweg gehen, nicht von der Liga kritisiert werden, wenn sie die eine oder andere Sache einfordern.“
Gemeinsam mit den Bayern ist Dortmund im Ausland führend unterwegs. Noch in diesem Jahr soll ein Büro in New York eröffnet werden. 350.000 Menschen schauten das Testspiel gegen den für den US-Markt sehr attraktiven Klub Manchester United bei ESPN+, die Quote war doppelt so hoch wie im Schnitt ein Bundesliga-Spiel in den Staaten – wo ebenfalls BVB und Bayern die Zahlen nach oben treiben. Schwarz-Gelb zieht wie auch die Bayern, doch ansonsten ist die Bundesliga ziemlich grau unterwegs mit regionalen Erscheinungen und Konzernklubs.
BVB-Chef Cramer fordert eine Strategie der Liga
„Es gibt Städtepartnerschaften, es gibt andere Ansätze, mit denen man sich über Internationalisierung auseinandersetzen kann. Es müssen auch nicht immer die USA sein“, sagt Cramer. „Es bringt aber nichts, wenn wir uns immer nur beklagen. Wir können nur andere motivieren und einladen, das zu machen – es tut ja eh nicht weh und bietet einen Mehrwert für den Verein.“
Cramer fordert außerdem, dass die Liga sich eine Strategie überlegt, „wie sie verhindern kann, dass Vereine singulär irgendwo hinfahren, denn ein singuläres Freundschaftsspiel verpufft.“ Sie müsse sich gemeinsam mit einem TV-Sender überlegen, wie sie europäischen Fußball in einen Markt bringen kann. Ein Beispiel: „Dann entwickelt man ein Turnierformat mit zwei deutschen Vereinen, holt sich einen Premier-League-Klub sowie einen lokalen Verein mit dazu und macht daraus etwas Interessantes."